FÜR DIE NEUEN MATCHES GIBT ES KEINE BLAUPAUSE

UNTERNEHMENSTRANSAKTION AUS DREI PERSPEKTIVEN
Damit Unternehmen zusammenfinden können, gilt es heute, viele Interessen in Einklang zu bringen. Vor allem aber muss die Perspektive passen. Dr. Thomas Bister, Carsten Jungmann und Dr. Johannes Schmidt über das Zusammenkommen in einer sich wandelnden Unternehmenslandschaft.

Dr. Schmidt, blicken Sie heute anders auf Ihre Zielunternehmen als früher?

Dr. Johannes Schmidt —

Ich bin jetzt im 17. Jahr bei INDUS. Den ersten Zukauf habe ich 2006 miterlebt. Seitdem ist die Geschwindigkeit in den Märkten enorm gestiegen. Dies hat auch unseren Blick auf die Unternehmen verändert, die wir akquirieren: Für uns steht die Frage nach den Weiterentwicklungsmöglichkeiten heute sehr viel stärker im Fokus als früher. Gleiches nehme ich auch in der Erwartungshaltung der verkaufenden Unternehmer: innen wahr. Während für sie früher alleine der Aspekt, das Lebenswerk zu erhalten, im Mittelpunkt stand, fragen sie heute auch: „Wie kann sich mein Unternehmen bei euch weiterentwickeln? Was könnt ihr beitragen, was ich mit meiner Firma aus eigener Kraft nicht schaffe?“

Dr. Thomas Bister —

Das kann ich bestätigen. 2006 konnten es sich ein Unternehmer oder eine Unternehmerin durchaus noch leisten, erst einmal darüber nachzudenken, was als Nächstes zu tun ist, um voranzukommen. Heute geht es darum, gedanklich bereits drei Schritte voraus zu sein, damit das Unternehmen zukünftig bestehen kann. Man kann sogar sagen: Heute muss ein Unternehmen am Ende mehr Kraft auf das Zukünftige verwenden als auf die Gegenwart.

Eine gute Kommunikation ist Voraussetzung für die richtigen Entscheidungen.«

Carsten Jungmann

Dr. Bister, als Geschäftsführer eines Multi Family Office begleiten Sie Familienunternehmer:innen beim Verkauf ihres Lebenswerks. Wann kommen Sie ins Spiel?

Dr. Thomas Bister —

Ich trete dann auf den Plan, wenn Unternehmer:innen in ihrer Entwicklungsdynamik an einen Punkt kommen, an dem sie feststellen: Es muss sich etwas verändern. Dabei gibt es vom Grundsatz her zwei Situationen. Die eine ist, dass der Unternehmer sein Unternehmen aus eigener Kraft zu einem Status entwickelt hat, bei dem sich die Ressourcenfrage für das Weiterkommen stellt. Also: Wo finde ich jemanden, der mir hilft, aus dem Erreichten mehr zu machen? Das Zweite ist die Nachfolgesituation. Hier fragt sich der Unternehmer: Wo finde ich jemanden, der das Erreichte fortführt, weil ich selbst es nicht mehr möchte und kein Nachfolger in Sicht ist? Die Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben und das Unternehmen soll seine Marktposition behaupten.

Das sind zwei grundlegend verschiedene Situationen. Der erste Fall ist komplex. Hier geht es darum, einen Mitentwickler zu finden. Dabei muss viel zusammenpassen: wirtschaftliche Vorstellungen, soziale Komponenten, gemeinsame Ansätze für den weiteren Unternehmensweg. Im zweiten Fall, also der Nachfolge, ist es etwas einfacher. Hier geht es im Wesentlichen darum, jemanden zu finden, der zu den Werten des Unternehmens passt.

Der Vorstand ist im gesamten Verkaufsprozess als Ansprechpartner an Bord.

INDUS öffnet ihren Unternehmen Türen in die Zukunft.«

Dr. Johannes Schmidt

Herr Jungmann, Sie sind mit Ihrem Unternehmen 2020 zu INDUS gestoßen. Bei JST trafen beide Facetten zu: Aussteigen und Weitermachen?

Carsten Jungmann —

Stimmt. Mein bisheriger Geschäftspartner Kay Hansen ist mit dem Closing aus dem Unternehmen ausgeschieden. Er war zum Verkaufszeitpunkt 57 Jahre alt und wollte sich zukünftig anderen Themen zuwenden. Bei mir war es so, dass ich mit meinen 48 Jahren sehr viel Freude an meiner Arbeit hatte. Für mich war klar: Wenn mir der neue Sparringspartner eine angemessene Work-­Life-­Balance zugesteht, bin ich bereit, mit JST auch die nächsten Jahre in die Zukunft zu gehen. Abgesehen davon war meinem Geschäftspartner und mir bewusst, dass ein erfolgreicher Eigentümerwechsel nach unseren Vorstellungen nur dann möglich sein würde, wenn zumindest einer von uns beiden im Unternehmen verbleibt.

Herr Schmidt, ist es für INDUS eine notwendige Bedingung, dass ein Unternehmer nach einem Unternehmensverkauf in der Geschäftsleitung bleibt?

JS —

Eine Bedingung ist es nicht. Aber in der Regel ist es schon so, dass der geschäftsführende Gesellschafter zumindest für eine gewisse Zeit in der Geschäftsführung bleibt. Wir begrüßen das auch deshalb sehr, weil wir davon überzeugt sind, dass mit Unterstützung des Alteigentümers der Übergang in die neue Zeit mit einer ganz anderen Qualität stattfinden kann.

Dr. Johannes Schmidt

Dr. Johannes Schmidt ist seit 2006 als Vorstand für die INDUS Holding tätig. 2018 übernahm er den Vorstandsvorsitz. Der studierte Mathematiker promovierte im Fachbereich Mechanik und war vor der Zeit bei INDUS u. a. Geschäftsführer bei der ebm-papst Landshut GmbH und der Richard Bergner GmbH.

Herr Bister, bei welchen Unternehmenssituationen denken Sie besonders an INDUS?

TB —

Angenommen ich begleite gerade ein grundsätzlich gesundes mittelständisches Produktionsunternehmen, dann kann ich mich vereinfacht gesehen an drei Käufertypen wenden: Der erste ist der Finanzkäufer. Er schaut primär auf die Zahlen. Er optimiert das Unternehmen zum Beispiel über sein Netzwerk, um es anschließend gewinnbringend weiterzuverkaufen. Dann gibt es den Strategen, der ein Unternehmen mit einer vergleichbaren Technologie erwirbt und es in seine Strukturen integriert. Und dann gibt es den Unternehmensentwickler, wozu INDUS zählt. Dieser kommt aus der Spezifikation und sagt: Wir haben das Know-how und das Verständnis und können dem Verkaufskandidaten eine Perspektive anbieten.

Die von mir begleiteten Unternehmer:innen fühlen sich bei Partnern besonders wohl, die das Unternehmen verstehen. Die wissen, was das Unternehmen macht, und auch eine technische Kompetenz aufweisen. Es ist für mich ein Unterschied, wenn ich mit Dr. Schmidt oder seinen Vorstandskollegen jemanden an der Seite habe, der mit den Unternehmer:innen in den wesentlichen Sachthemen auf Augenhöhe sprechen kann. Die Interessen eines Familienunternehmens finden sich in dieser Konstellation mit Abstand am besten wieder.

Dr. Thomas Bister

Seit 2019 ist Dr. Thomas Bister Gesellschafter und Geschäftsführer der Tertium Family Office GmbH. Zuvor arbeitete er u. a. als Head of M&A bei einer Corporate-Finance-Beratung und als Leiter eines Emissions­hauses für Beteiligungsangebote. Dr. Thomas Bister studierte internationale BWL und Rechtswissenschaften. Seine Karriere begann er als Bankbetriebswirt.

INDUS als Unternehmensentwickler, mit diesem Begriff arbeitet INDUS bisher noch nicht in dieser Deutlichkeit ...

JS —

… wenngleich sich der Ansatz in unserem Strategieprogramm PARKOUR heute sehr deutlich widerspiegelt, insbesondere mit den beiden Säulen „Innovation treiben“ und „Leistung steigern“. Wir glauben, dass wir zur Entwicklung unserer Beteiligungen Kompetenzen einbringen können, vor allem was Methodenwissen und Netzwerke betrifft. Natürlich würde ich mit Herrn Jungmann nicht über die Details seiner Software diskutieren. Jede Beteiligung bleibt operativ eigenständig. Aber wir können sie dabei unterstützen, wie ein Produkt auf einen neuen Markt kommt oder welche Möglichkeiten der Vermarktung vielleicht noch in Betracht kommen.

Dr. Bister, welche Rolle spielt heute Technologiekompetenz für den Verkaufsprozess?

TB —

Sie spielt eine große Rolle. Ich persönlich komme aber zunächst von der Zahlenseite. Wenn ich das erste Mal mit den Unternehmern in Kontakt trete, dann versuche ich, sein Preis-Mengen-Gerüst zu verstehen. Womit verdient das Unternehmen sein Geld? Welche Faktoren wirken auf das Ergebnis ein? Dabei stellt die Technologie den größten Hebel zur Effizienzsteigerung dar. Gleichzeitig ebnet sie den Weg in die Zukunftsfähigkeit, denn viele Geschäftsmodelle verändern sich besonders mit fortschreitender Digitalisierung grundlegend. Das besprechen wir mit den Unternehmen und schaffen eine Vision, wie man den Unternehmenswert perspektivisch heben kann, bevor wir das Unternehmen an den Markt bringen.

Dr. Schmidt, warum ist INDUS für technologieorientierte Industrie­unternehmen eine gute Adresse?

JS —

Mit der Vielfalt der Unternehmen verfügt INDUS auf diesem Feld über eine breite Expertise. Technologiethemen spielen in nahezu allen Beteiligungen eine Rolle. Als Sparringspartner stehen wir unmittelbar an der Seite unserer Unternehmen und unterstützen sie mit unserem Wissen, mit unserem Netzwerk und mit dem Aufsetzen von technologieorientierten Gemeinschaftsprojekten. Das öffnet einem Unternehmen, das zu uns kommt, viele Türen in eine innovative Zukunft. Abgesehen davon spiegelt sich die Technologiekompetenz von INDUS auch in den Lebensläufen der Vorstände wider: Wir haben eine breite Erfahrung in operativen Funktionen in produzierenden Industrieunternehmen. Ich glaube sagen zu können: Wir sind mit den relevanten Themen so weit vertraut, dass wir wissen, wo ein Unternehmen für seine erfolgreiche Entwicklung ansetzen muss.

Auf dem Weg zur Entscheidung führt Dr. Thomas Bister in der Regel viele Gespräche.

Der strategische Fokus von Käufern unterscheidet sich mitunter stark.«

Dr. Thomas Bister

Was ist aus Ihrer Sicht die wichtigste Aufgabe für das Finden des passenden neuen Eigentümers, Herr Bister?

TB —

Die erste und wichtigste Aufgabe für mich ist, die Motivationslage bzw. die Ziele der Altunternehmer:innen herauszufinden. Dabei lautet eine Schlüsselfrage: Wie weit ist der Unternehmer bereit, im Kaufpreis zugunsten der Soft Skills zurückzugehen? Denn eines ist klar: Wenn ich zum Beispiel auf einen ausschließlich gewinnorientierten Käufer aus dem angelsächsischen Raum zugehe, dann kann ich zwar einen deutlich höheren Kaufpreis erzielen. Gleichzeitig gebe ich dem Käufer die Möglichkeit, mit hohem Leverage in das Unternehmen zu gehen. Das heißt: Er kann und er wird sich kreditseitig stark über das Unternehmen gegenfinanzieren und damit am Ende das Unternehmen den Kaufpreis zahlen lassen. Zudem wird er konsequent die Kostenpotenziale heben, was im Zweifel bedeutet, dass Mitarbeiter entlassen werden. Möchte der Alteigentümer jemanden finden, der das Unternehmen mit Bedacht weiterentwickelt, der auf die Kultur Rücksicht nimmt, dann muss er sich darüber bewusst sein, dass das nicht zum höchsten Kaufpreis führt.

In einem Verkaufsprozess betreue ich die Unternehmer:innen im Schnitt zwischen 12 und 18 Monate. In dieser Zeit führe ich mit ihnen viele fachliche und psychologische Gespräche. Und so wie ich persönlich tun sich auch die meisten Verkäufer schwer mit der Vorstellung, dass vielleicht schon wenige Monate nach dem Eigentümerwechsel ein Drittel der Belegschaft nicht mehr im Unternehmen ist. Und so suchen sie in der Regel einen guten Kompromiss aus den Faktoren „Kultur erhalten“ und „attraktiver Kaufpreis“. Diese Entscheidungsstrategie wird dadurch gestützt, dass sich die Altunternehmer:innen nach dem Verkauf in der Regel weiterhin regional und sozial im Umfeld des Unternehmens bewegen.

Herr Jungmann, Sie wurden durch Dr. Bister im Verkaufs­prozess begleitet ...

CJ —

... wofür ich ihm heute noch sehr dankbar bin. Mein Geschäftspartner und ich hatten JST operativ gut auf eine potenzielle Übergabe vorbereitet. Wir hatten eine neue Führungsebene eingezogen und die Abläufe so gestaltet, dass eine Übergabe jederzeit möglich ist. Aber keine Gedanken hatten wir uns darüber gemacht, welcher Käufer für uns infrage kommt. Wie wichtig gerade dieser Punkt ist, haben wir erst im Prozess verstanden. In gemeinsamen Workshops haben wir die Verkaufsoptionen durchgespielt – vom Finanzinvestor über Private Equity bis hin zur Holding – und geprüft: Was bedeutet das für mich, für meine Mitarbeiter und für unseren weiteren Weg? Dabei hat uns Thomas Bister die verschiedenen Käufer vorgestellt, sodass wir verstanden haben, wie sie ticken und mit welcher Motivation sie uns kaufen.

Während des Prozesses haben wir viele Dinge kennengelernt, die für uns nicht infrage kamen. Dass sich Mitarbeiter auf ihre Arbeitsstelle neu bewerben müssen, mag in bestimmten M&A-Prozessen üblich sein. Mit unserer Kultur wäre das in keiner Weise vereinbar gewesen. Oder die Möglichkeit der Integration in einen Fond, um nach ein paar Jahren wieder verkauft zu werden – allein die Vorstellung hätte so viel Unruhe in das Unternehmen gebracht, dass der „Spirit“ des Unternehmens von heute auf morgen verloren gegangen wäre. Hier konnte sich INDUS mit seinem Konzept „Halten und Entwickeln“ deutlich von den anderen Modellen absetzen. Sicher, ich bin auch jetzt jemandem rechenschaftspflichtig. Statt meinem Geschäftspartner ist es nun eben der für JST zuständige Vorstand Dr. Großmann von INDUS. Und mit INDUS habe ich eine Begleiterin und Eigentümerin an meiner Seite, von der ich weiß, dass sie zu mir und JST passt. Ohne die Transformationsleistung von Thomas Bister hätten wir das nicht hinbekommen.

Carsten Jungmann

Der gebürtige Sauerländer Carsten Jungmann gründete im Jahr 2001 mit seinem damaligen Geschäftspartner Kay Hansen die JST – Jungmann Systemtechnik GmbH & Co. KG – ein Spezialist für die Konzeptionierung, den Aufbau und die Wartung von Kontrollraumlösungen. Zuvor arbeitete er in dem auf Möbelherstellung für Leitstände spezialisierten elterlichen Unternehmen im Vertrieb.

Ein Verkaufsprozess erfordert hohe Diskretion. Dr. Bister, Dr. Schmidt: Wie stellen Sie diese sicher?

TB —

Diskretion kann man nur erwarten, wenn man sie selbst lebt. Wirklich gute Vertrauensbeziehungen bauen sie nur auf, wenn sie absolut verlässlich sind und aus ihrem Netzwerk auch bewusst diejenigen streichen, die sich anders verhalten. Daran halte ich mich sehr konsequent. Daneben ist es wichtig, dass sie die handelnden Personen gut kennen und Situationen gut einschätzen können. Wenn das gegeben ist, kommen sie an den Punkt, an dem sie wissen: Mit dem kann ich vertraulich sprechen, ohne dass die Information nach zwei Wochen durch den Markt geht.

JS —

Man könnte sagen, Diskretion ist nur eine Frage der Disziplin. Das wäre aber zu kurz gegriffen. Vertraulichkeit muss Teil des Handels sein, ohne dass sie in einem Kodex festgehalten oder über eine potenzielle Strafe abgesichert wird. Wer im M&A-Umfeld tätig ist, muss einfach wissen, wie sensibel das Thema ist. Wettbewerber, Kunden, Mitarbeiter – bei jeder dieser Gruppen könnte die unkontrollierte Verbreitung von Informationen zu Schäden führen, die keinem der Beteiligten guttun. Auch meine Erfahrung ist: Man stellt Diskretion nur sicher, indem man sich mit den richtigen Leuten umgibt.

Herr Jungmann, Ihr Team kennt Sie gut und nimmt sicher auch kleinste Veränderungen genau wahr. Wie gelang es Ihnen, Ihr Vorhaben im Tagesgeschäft vertraulich zu halten?

CJ —

Natürlich kommt man über kurz oder lang nicht drum herum, seine Führungskräfte mit auf die Reise zu nehmen. Trotzdem hatte Diskretion gerade in der ersten Phase eine hohe Priorität. Wir hatten uns während des Verkaufsprozesses auf große Projekte beworben, und das in einem sehr agilen Wettbewerb. Wenn wir uns dabei in irgendeiner Form eine offene Flanke gegeben hätten, die der Markt als Unsicherheit wahrgenommen hätte, dann hätte es bei den Kunden sicher Fragen gegeben. In unserem Prozess ist weder im Unternehmen noch am Markt etwas unkontrolliert publik geworden. Es hat alles gut funktioniert.

Eine Zusammenarbeit ist auch geprägt von gegenseitigen Erwartungen. Was erwarten Sie von INDUS, Herr Jungmann?

CJ —

Die Haupterwartung, die mein Team und ich an INDUS haben, heißt Verlässlichkeit: dass Zusagen eingehalten werden. Vor dem Zusammenkommen hat uns INDUS ein Konzept vorgestellt, nach dem man sich operativ nicht oder nur wenig in das Geschäftsmodell einmischt. Inzwischen sind wir anderthalb Jahre Teil der INDUS-Gruppe, und ich kann sagen: Das wird tatsächlich so gelebt. In den Abstimmungs- und Entscheidungsabläufen hat sich bei uns nichts verändert. Mit diesem Wissen ist im Team eine Ruhe zurückgekehrt, die kurzzeitig nicht da war. Denn – machen wir uns nichts vor – wenn ein Eigentümerwechsel stattfindet, geht im Unternehmen zunächst einmal ein Schreckgespenst um.

Auf längere Sicht lautet meine Erwartung: gut darauf aufpassen und weiterentwickeln. Mit JST haben wir über 20 Jahre ein bestens funktionierendes Unternehmen aufgebaut, das im Markt einen guten Namen hat. Wenn ich irgendwann nicht mehr mit dabei bin, möchte ich, dass die Kultur und die Werte, die uns ausmachen, weitergelebt werden. Auf dieser Grundlage soll JST seine Möglichkeiten weiter erfolgreich entfalten. Nach dem, was ich bisher erlebt habe, bin ich sehr zuversichtlich, dass das unter dem Mantel von INDUS gelingen wird.

Carsten Jungmann führt auch nach dem Verkauf die Geschäfte von JST weiter.

Im Rückblick: Ich ­würde es wieder tun.«

Carsten Jungmann

Wie erleben Sie den neuen Alltag? Wo hilft Ihnen INDUS ­weiter?

CJ —

Konkret merken wir schon jetzt, dass wir über INDUS Dinge abfragen können, die bisher aus eigener Kraft nicht zu stemmen waren. Dazu gehört die Expertise in der Frage, wie man auf den internationalen Markt expandiert. Daneben gibt uns INDUS mit ihren liquiden Mitteln die Finanzstärke, um einen solchen Weg umzusetzen. Auch bei Alltagsthemen wie der Besetzung von Fachkräften konnte ich bereits erleben, wie schnell und unkompliziert INDUS uns Mehrwert bietet: Kaum hatte ich die Frage des Fachkräftebedarfs aufgeworfen, war ich bereits über den kurzen Dienstweg in ein passendes Headhunter-Netzwerk eingebunden.

Besonders freue ich mich darüber, dass es bei INDUS zwischen den Geschäftsführungen und den Vorständen einen direkten Austausch gibt. Neben den gemeinsam abgehaltenen Jour fixes kann ich den Vorstand jederzeit kurzfristig ansprechen. Abgesehen davon, dass mir der Input in der Regel sehr weiterhilft, nehme ich das als Geschäftsführer eines vergleichsweise kleinen Gruppenunternehmens – ich habe gerade einmal 30 Mitarbeiter – als Zeichen großer Wertschätzung wahr.

Dr. Schmidt, wir haben ja bereits gesprochen über Ihren neuen Blick auf mögliche Zielunternehmen - hat sich auch etwas an Ihren konkreten Erwerbskriterien geändert, z. B. in Bezug auf das Chancen-Risiko-Profil oder das Tätigkeitsprofil?

JS —

Wie schon erläutert spielt für uns das Potenzial eines Unternehmens eine sehr viel stärkere Rolle. Um dieses bewerten zu können, haben wir bei uns im Haus Experten, die von Beginn an eng in die M&A-Prozesse eingebunden sind. Es sind beizeiten dieselben Personen, die dann später die Beteiligungen fachlich begleiten. Parallel dazu beschäftigen wir auch je nach Fragestellung externe Partner, die zum Beispiel das Marktprofil des Kandidaten untersuchen, sodass wir sehr schnell ein Bild vom Chancen-Risiko-Profil des Unternehmens haben.

In Bezug auf die Geschäftstätigkeit schauen wir heute noch einmal mehr auf das Thema Nachhaltigkeit. Es gibt Themen, die wir als INDUS heute nicht mehr anfassen, wie Unternehmen mit Bezug zu Kohle, zu Genussmitteln oder zum Glücksspiel. Gleichzeitig sind wir offen für neue Felder. Während wir vor zehn Jahren noch ausschließlich in klassische Produktionsunternehmen investiert haben, passt heute auch der Kontrollraum-Spezialist von Herrn Jungmann in unser Portfolio.

Ein Thema im Markt sind zurzeit auch die steigenden Kaufpreise.

JS —

Angesichts der sehr hohen Liquidität auf den Kapitalmärkten bewegen wir uns heute eindeutig in einem Verkäufermarkt. Das führt zum einen dazu, dass die Bewertungen steigen. Zum anderen konkurrieren wir heute mit Mitspielern, die in unserem Markt früher nicht so aktiv waren. Größere Family Offices zum Beispiel: Während sie sich noch vor ein paar Jahren eher still beteiligt haben, sind sie heute auch an mehrheitlichen Übernahmen interessiert. Daneben gibt es eine Vielzahl von Private-­Equity-­Unternehmen, die ihr Geld gewinnbringend anlegen ­wollen. Hinzu kommen die strategischen Investoren, weil auch die Industrieunternehmen den Transformations­prozess durchleben und für ihre neue Aufstellung passende Puzzlestücke benötigen.

Für uns bedeutet dies, dass wir heute über M&A-Marketing viel aktiver auf uns aufmerksam machen müssen. Wir müssen unsere Story in den Köpfen verankern und dafür sorgen, dass, wenn die richtigen Kandidaten etwa auf dem Schreibtisch von Herrn Bister liegen, er automatisch an uns denkt. Das ist für uns eine große Veränderung.

Dr. Bister, der Markt macht die Tätigkeit für Sie also leichter?

TB —

Zumindest wenn es um die Zahl der möglichen Vermittlungen geht. Die zur Verfügung stehende Liquidität hat sich seit 2008 derart vervielfacht, dass Geld keine Abgrenzungsgröße mehr ist. Was mich zu der Quintessenz von Dr. Schmidt führt: Die richtige Positionierung ist für den Käufer zu einer der wichtigsten Aufgaben aufgestiegen.

Aber auch für die verkaufenden Unternehmer:innen ist die Situation anspruchsvoller geworden. Denn für sie ist es immer schwieriger zu beurteilen, ob der aktuelle Zeitpunkt für den Verkauf der passende ist. Wie wird sich der Markt in der Transformationsphase entwickeln? Wie erstelle ich einen belastbaren Fünf-Jahres-Plan? Die Beantwortung dieser Fragen grenzt zuweilen an Zukunftsforschung.

Für die neuen Matches gibt es keine Blaupause. Das erschwert nicht zuletzt auch meine Aufgabe – zumindest, wenn ich meine Vermittlerrolle mit Verantwortung wahrnehme. Ich muss mich sehr intensiv mit meinen Kandidaten auseinandersetzen und dann manchmal auch den Schluss kommunizieren, dass es aus Sicht des Unternehmers sinnvoller ist, mit einem Verkauf noch etwas zu warten.

Herr Jungmann, das letzte Wort bleibt Ihnen als inzwischen schon nicht mehr ganz jüngstem Mitglied der INDUS-Gruppe.

CJ —

Wenn ich heute noch einmal in Köln beim Notar sitzen würde – ich würde es wieder tun. Denn nach den Erfahrungen der vergangenen anderthalb Jahre kann ich guten Gewissens sagen: Wir haben alles richtiggemacht. Wir sind dabei, unser Unternehmen – für mich persönlich fühlt es sich immer noch an wie meines – im Sparring mit INDUS auf die nächste Entwicklungsstufe zu heben. Und ich freue mich darauf.

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